Themen dieser Teilseite
Naturselbstdruck und Chemigramm
Synonyme: Rayographie, ➥ Rayogramm, Schadographie, Schadogramm, Kameralose Fotografie, Lumographie, Luminogramm, Generative Fotografie, Photogenic drawing, photogenische Zeichnung
Geschichte + Kunstgeschichte
Ein Fotogramm können Sie mit allen fotografischen Techniken der ➥ fotografischen Edeldruckverfahren erzeugen.
Bereits 1840 stellte der britische Fotopionier William Henry Fox Talbot ‚Photogenic drawings‘ her, indem er Gegenstände auf das von ihm entdeckte – mit Kochsalz und Silbernitrat präparierte – Papier legte und belichtete.
Beispiele für künstlerische Fotogramme finden Sie bei ➥ Lazlo Moholy-Nagy, ➥ Man Ray, ➥ Christian Schad bei Künstlerfotografen, ➥ Dadaisten und Surrealisten sowie bei der Naturforscherin ➥ Anna Atkins.
Fotogramme im Unterricht: Cyanotypien
Für Fotogramme wird eine lichtempfindlich präparierte Unterlage (Papier, Baumwolle, Leinen, Inkjetpapier, Fotopapier) benötigt. Fotopapier ist heute nur noch in Restbeständen erhältlich und benötigt zur Bearbeitung eine Dunkelkammer.
Am praktikabelsten ist daher die ➥ Cyanotypie. Das Trägermaterial kann auf einfache Weise selbst beschichtet werden, die Chemikalien sind relativ harmlos. Die Verarbeitung kann wegen der geringen Lichtempfindlichkeit bei gedämpftem Tageslicht erfolgen, die „Entwicklung“ findet im Wasserbad statt und man benötigt keine weiteren Chemikalien.
Die Schüler suchen Gegenstände, die als „Schattenwerfer“ dienen sollen und die Bildgestaltung ergeben. Diese Gegenstände werden nun entweder auf einen Tageslichtprojektor gelegt und 5-15 Minuten belichtet oder die Klasse begibt sich bei Sonnenschein an eine schattige Stelle, an der die Schüler aus einem Umschlag das Cyanotypiepapier ausgehändigt bekommen. Mit der Schichtseite nach unten begeben sie sich dann an einen Sonnenplatz, legen zügig ihre Gegenstände auf das Blatt und belichten 5-15 Minuten – je nach Sonnenintensität. Bei bedecktem Himmel können es auch 20 Minuten sein.
Entwickeln
Nach der Belichtung werden die Papiere wieder in einem Umschlag „lichtsicher“ verwahrt. In einem Raum ohne direkte Sonneneinstrahlung werden dann im Wassereimer oder Waschbecken die unbelichteten Teile abgespült. Will man die Farbintensität verstärken, kann vor dem Auswaschen eine „Schnelloxidation“ in einem Eimer mit 0,8%-iger Wasserstoffperoxid-Lösung erfolgen.
Stoffbahnen werden anschließend zum Trocknen aufgehängt, Inkjet-Fotopapier kann vorsichtig abgetupft und zum Trocknen auf Zeitungspapier ausgelegt werden.
Ein Fotogramm ist ein „Schattenfänger“ – der Schatten, den das aufgelegte Objekt wirft, bleibt als gefüllte Kontur auf der lichtempfindlich präparierten Unterlage zurück. Ist das Objekt halbtransparent, ergeben sich je nach Belichtungsdauer Graustufen, ist es transparent strukturiert, zeichnet sich diese Struktur ab – je nach verwendeter Chemikalie entweder als positives oder negatives Bild.
Tipps für Fotogramme und Chemigramme
Besonders bei der ➥ Cyanotypie hängt die Menge des entstehenden Farbstoffes (und damit die Farbintensität) von der Menge der Chemikalie ab, die übertragen wird. Für Chemigramme und Fotogramme kann daher durchaus die doppelte Badkonzentration verwendet werden. Aus der chemischen Reaktionsgleichung für die Bildung von ➥ Berliner Blau ergibt sich ein optimales Mischungsverhältnis von 3 Teilen Ammoniumferricitrat zu 2 Teilen Kaliumferricyanid. 3 Moleküle Ammoniumferricitrat müssen zur Bildung von Berliner Blau unter UV-Strahlung 3 Fe2+ an 2 Moleküle Kaliumferricyanid abgeben.
Setzen Sie 2 getrennte Lösungen an:
60 gr Ammoniumferricitrat in 0,5 Liter Wasser mit einigen Tropfen Para (Konservierungsmittel zur Haltbarmachung von Fruchtsäften gegen Schimmelbildung)
40 gr Kaliumferricyanid in 0,5 Liter Wasser
Bewahren Sie beide Lösungen lichtgeschützt auf und mischen sie die benötigte Menge vor Gebrauch im Verhältnis 1:1. Zum Beschichten eines Klassensatzes Cyanotypiepapier auf Inkjetpapier benötigen Sie ca. 100 ml
Diese Abbildung zeigt eine Kombination aus Chemigramm und Fotogramm. Die Cyanotypielösung wurde mit einer Sprühflasche auf den Nesselstoff gesprüht. Für das Fotogramm dann eine seitliche Führung aus einem Elektroherd, eine Hohlkammerplatte, ein dreiarmiger Kerzenleuchter und die Netzhülle einer Zitrone aufgelegt und 30 Minuten bei mittlerem Sonnenschein belichtet.
Bezugsmöglichkeiten der Chemikalien
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Mögliche Materialien
Geeignet – und sofort verfügbar – ist der gesamte Inhalt des Schülermäppchens ;-)
Materialien zum Umwickeln
- Umwickeln mit Schnur / Frischhaltefolie / Stacheldraht / Perlonschnur / Bindfaden / Wolle
- Umkleben mit Tesa / Packband / Klebeband / Kreppband (nimmt Beschichtung teilweise ab)
- Einflechten von Getreide / Gräsern / Ästen / Folie
Materialien 2-dimensional dicht
- Spaltschnitt / Konfetti / Metallstanzteile / Dichtungsringe / Motordichtung / Farne / Gräser / Farbe zwischen Folien (Dispersion / Tusche / Rötel) / Scherenschnitte / Schnipsel / Schlüssel / Stickereien / Tortenpapier
Materialien 2-dimensional transparent
- Folienkonfetti / Folie gekratzt / Tageslichtfolie / Geschenkfolie
- Wasser auf Folie / Öl auf Folie
- drapierte Klarsichthüllen / Dias / CDs teilweise abgekratzt – abgeschabt – abgeflammt
- Fresnell-Linse
- Collage aus Transparentmaterial / Plastikhandschuhe
Materialien 3-dimensional dicht
- Technik
Stahlwolle / Heugabel / Speichenrad / Kabel / Fliesenkreuze / Fahrradspeichen / Fahrrad / Gitterkorb / Hasengitter / Metallkette / Schreibmaschinenmechanik / Kleinteile (Schrauben, Nägel) / Werkzeuge / Metallfedern - Natur
Schilfwedel / Federn / Äste / tote Insekten (Käfer, Libellen) / Pflanzen / Blätter / Gräser / Blüten / Tannenzapfen / Kiefernzapfen / Hände / Füße / Haare / - Haushalt
Schnur / Wolle / Schmuckketten / Stifte / Nudeln / Gabeln / Zwiebelnetz / Mandarinennetz / Gardinen / Vorhänge / Netz / Netzstrümpfe / Scheren / Messer / Säge / Nadeln / Sicherheitsnadeln /
Materialien 3-dimensional (halb)transparent
- Glas
Glasschüssel / Salatschüssel / Trinkgläser / Kronleuchterkristalle / geschliffenes Glas / Bleikristall / Glühbirnen / Neonröhren / Neonröhrenabdeckung / Glasbausteine / Glasscheiben / Flaschen / Glasmurmeln / Brillen - Angeflammte Folie (angeschmolzen)
- geknüllte Klarsichtfolie
- Plastik
Noppenfolie / Verpackungsmaterial (Lufttaschen) / Kunststoffverpackungen / Kunststoffboxen / Brillen / Lupen / Kunststoffflaschen (Boden, halbiert, abgeschnitten) / Schutzbrille / Lineal / Reiter von Hängeregistratur - andere Mittel
Haarfestigerschaum / Rasierschaum /Kristalle - Natur
Zitronenscheiben / Zucker / Salz
Bildbeispiele für Fotogramme / Kunstgeschichte
➥ Christian Schad: Schadografie No.4, 1919
➥ Christian Schad: Der Zwerg
➥ Christian Schad: Verschiedene Schadografien
➥ Christian Schad: Nagapos 1962
➥ Christian Schad: Undine 1977
➥ Christian Schad: Schadografie Nr.3, 1919
➥ Laszlo Maholy: Photogramm No.II, 1929
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Bildbeispiele für Chemigramme
➥ Pierre Cordier
➥ Blaise Adilon
➥ Google-Bildersuche: Chemigramme
➥ Google-Bildersuche: chemigramm
➥ Google-Bildersuche: chimigramme
➥ Google-Bildersuche: chemogramm
Siehe auch
- Cyanotypien im Unterricht
- Cyanotypie auf Leinwand
- Geschichte der Cyanotypie
- Berliner Blau
- Cyanotypie-Fotogramme – ein Handout
- Schattenrisse
- Chemigramme mit Cyanotypie
- Tonen Cyanotypie I
- Tonen von Cyanotypien II
- Fotogramm I
- Fotogramm II
- Porphyrographie
- Cyanotypie-Galerie
Links
Links zu Radierung und Edeldruckverfahren finden Sie unter
➥ www.autenrieths.de/radiertechniken.html
Auf der Seite des MOMA (Museum of Modern Art) kann man interaktiv Fotogramme ‚virtuell‘ belichten
➥ Fauxtogramme
Schöne Chemigramme und Bezüge zur modernen Abstrakten Kunst finden Sie auf
➥ www.nonfigurativephoto.blogspot.fi
Literatur
Anmerkungen:
Diese Onlineversion basiert auf dem ersten Buchmanuskript aus dem Jahr 1997. Die erste – bereits stark erweiterte und überarbeitete – Buchauflage erschien im Jahr 2004.
Aktuell ist das Buch in der nochmals korrigierten und erweiterten 7.Auflage vom Jahr 2020 erhältlich. Während die einzelnen Seiten dieses Webauftritts oft nur wenige, kurze Absätze enthalten, ist das Buch aktuell zweispaltig und mit minimalem Rand auf 232 DIN-A4-Seiten bedruckt, weil die zahlreichen Informationen nur noch so zwischen zwei Buchdeckel passen. Das Buch enthält nur wenige Illustrationen, dafür umso mehr „Input“. Als ergänzender ‚Bildspeicher‘ dient dieser Onlineauftritt.
Die Website besteht auch seit 2004 – sah früher allerdings so aus: ➥ www.ätzradierung.de ;-). Mit der gedruckten Auflage ist die Website nur in Ansätzen vergleichbar, sie enthält nur einen Teil der Informationen vom Buch und kann nicht korrigierte Fehler enthalten.
Informieren Sie sich vor der Anwendung der Rezepturen unbedingt auch aus anderen Quellen! Beachten Sie das Kapitel ➥ Vorsicht Chemie!
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