Ätzen der Heliogravure

Photogravure-Ätzung

Das Ätzen der Photogravure und anderer mit Gelatine beschichteter Kupferplatten und -zylinder war vor Einführung digitaler Techniken eine hohe Kunst, die in Druckereien einen eigenen Berufszweig ernährte. Im künstlerischen Bereich liegen die Ansprüche an Farbübereinstimmung und Originaltreue meist nicht ganz so hoch wie beim Druck von Modemagazinen, die im Vierfarb-Tiefdruck hergestellt werden. Mit dem richtigen Wissen um Methoden und Zusammenhänge können Sie dieser Präzision jedoch recht nahe kommen. Die Unwägbarkeiten beim Ätzen sind vielfältig.

The Broken Saucer LACMA M.2008.40.2223.26
James Booker Blakemore Wellington (England, 1858-1939): The Broken Saucer 1889-1891, Photogravure / Heliogravüre [Public domain], via Wikimedia Commons

Prinzip

Die Dichromatverfahren beruhen darauf, dass auf der Platte nach dem Belichten ein Gelatinerelief mit unterschiedlichen Stärken entsteht:

Stellen, an denen die Gelatine dünn aufliegt, ergeben beim folgenden Ätzvorgang tiefdunkle Töne, weil hier die Eisen-III-Chlorid-Lösung zuerst die Platte erreicht und somit am längsten ätzt, während dicke Gelatinebereiche der Eisen-III-Chlorid-Lösung das Wasser entziehen und die Ätze „ausbremsen“, somit kürzere Ätzzeiten und hellere Töne bewirken.

Bei einer hochkonzentrierten Eisen-III-Chlorid-Lösung gerbt das FeCl3 die dicke Schicht und ätzt fast nur an den dünnen Stellen. Dadurch würde die Ätzung viel zu hart und kontrastreich ausfallen. Wird die Lösung jedoch zu stark verdünnt, diffundiert das Eisen-III-Chlorid auch in den dickeren Schichten sehr schnell zur Platte hindurch, womit das Ätzergebnis sehr flau und verwaschen ausfällt.
Um eine möglichst gleichmäßige Ätzung zu erreichen, wird im Mehrbadverfahren geätzt

Dancer with tambourine
Jean-Léon Gérôme (1824 – 1904): Heliogravure Egypt – Dancer with tambourine [Public domain], via Wikimedia Commons

Mehrbadverfahren

Mit Gelatine beschichtete Platten benötigen für gleichmäßige Ergebnisse drei bis vier Ätzvorgänge mit Eisen-III-Chlorid. Vor dem eigentlichen Ätzen reiben Sie die Platte mit einem hochkonzentrierten Bad von 45-42° Bé und einem Wattebausch ab.

Danach erfolgt das Anätzen der feinen Zeichnung in den dunkelsten Tönen mit einer Lösung von ca. 40° Bé. Je länger diese Ätzung dauert, desto höher wird der Kontrast. Das Eisen-III-Chlorid dringt dabei nur an den dünnsten Gelatineschichten bis zur Platte vor. Dabei würden nur die tiefsten Stellen geätzt, die Mitteltöne würden sehr flau.
Es folgt eine Mittelätzung für die dunklen und hellen Mitteltöne mit einer Lösung von 38,5°-36° Bé.

Zum Schluss ätzen Sie die Lichter mit einer Konzentration von 35° Bé. Diese letzte Ätzung darf nicht zu lange dauern, weil sonst die Ätzlösung auch in die Weißstellen durchschlagen würde.
Den Ätzvorgang in den Lichtern können Sie mit der stärksten Ätzlösung (45°Bé) stoppen, weil damit die Gelatine am stärksten gegerbt wird.
Auch wenn Sie bemerken, dass die Ätzung zu schnell verläuft, verwenden Sie zum Abstoppen die stärkere Lösung mit 40-45° Bé. Diese gerbt die Gelatine und lässt das Eisen-III-Chlorid in den dichteren Gelatineschichten nicht mehr zur Platte vordringen.

Die optimale Badtemperatur liegt bei 20-22°C. Zu niedere Temperaturen führen zu harten Ätzungen, zu warme Platten ätzen zu schnell, ergeben eine geringere Ätztiefe und damit flaue Drucke.

Einbadverfahren

Im Einbadverfahren hat die Lösung eine Konzentration von 36° Bé.

Rakeltiefdruck

  • Mit der Kamera stellen Sie ein Negativ her.
  • Retuschieren Sie das Negativ  und kopieren es zu einem Diapositiv um.
  • Das (oder die) Positive setzen Sie auf einer Glasplatte zusammen (montieren)
  • Auf ein mit Dichromat lichtempfindlich gemachtes Gelatine- Dichromatpapier kopieren Sie zuerst ein Tiefdruckraster und unmittelbar hinterher auf dieselbe Kopie die zur Form zusammengestellten Diapositive.
  • Diese Kopie weichen Sie zuerst in kaltem Wasser ein und quetschen sie dann auf die Kupferplatte.
  • ‚Entwickeln‘ Sie in heißem Wasser. Dabei löst sich das Papier ab und die eigentliche Kopie bleibt, nachdem sie abgespült wurde, als Gelatinerelief auf der Platte zurück.
  • Nach dem Trocknen und Abdecken der Stellen, die nicht drucken sollen, ätzen Sie mit Eisenchloridlösung in mehreren Abstufungen.

Die sauber geputzte Kupferplatte zeigt das Bild in den Tonwerten, die Tiefen am stärksten, die Lichter am schwächsten geätzt, während das Raster als gleichmäßig feines Netz über dem Ganzen liegt. Erfinder des Rakeltiefdrucks ist der Maler Karl Klietsch, der auch die erste Heliografie herstellte.

Autotypie / Cliché

  • =Autotypie, Netzätzung, Rasterätzung, Strich-Cliché

Als die Tageszeitungen noch im Hochdruckverfahren mit Bleilettern hergestellt wurden, waren Strich-Clichés das täglich Brot der Reprophotographen und Drucker.

Das fotografische Strich-Cliché wurde als Autotypie, oft auch als Netz- oder Rasterätzung bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen auf fotografisch-chemigrafischem Wege angefertigten Druckstock zur Vervielfältigung von Halbtonbildern im Hochdruckverfahren. Die Druckelemente sind auf der Druckform erhaben und bestehen aus unterschiedlich großen Rasterpünktchen, wodurch sich unterschiedliche Tonwerte ergeben. Die Autotypie, oft auch nur kurz als „Auto“ bezeichnet, wurde 1882 von Georg Meisenbach erfunden.

Still-life of fruit using 3-color process
William Kurtz (1833-1904), Naturfarbendruck, Aufnahme nach der Natur und Autotypie in drei Farben auf der Buchdruck-Schnellpresse, 1893 [Public Domain], via Wikimedia Commons

Fotos für die Zeitung mussten nach folgendem Verfahren aufbereitet werden:
Das Strich-Cliché wurde im Einstufenätzverfahren hergestellt. Dieses Verfahren ist fast identisch mit der Herstellung eines Gummidrucks

Herstellung der Vorlage

Vergrößerung des Bildes auf die gewünschte Größe in Form einer Halbtonaufnahme (Schwarz-Weiß-Film, Plattenaufnahme)

Aufrasterung im Kontaktverfahren mit Kontaktrasterfolie zum Rasterdiapositiv. Soll eine Zeichnung zum Strich-Cliché werden, können Sie als Diapositiv auch eine Linienzeichnung auf Transparentpapier verwenden)

Bei der Zeitungsherstellung folgte die Formmontage, d.h. die einzelnen Bilder und Texte wurden auf Klarsichtfolie zusammengestellt und mit Klebeband befestigt.

Vorbereitung zur Belichtung

Die Platte entfetten Sie mit Schlämmkreide und Spiritus, danach säuern sie diese mit Salzsäure an. Nach dem Entfetten darf sie nur noch mit Papierstreifenklammern angefasst werden. Fingerabdrücke ergeben eine unregelmäßige und fleckige Beschichtung.

  • Lassen Sie 20 g Gelatine in 1 Liter kaltem Wasser aufquellen und kochen dann auf.
  • Gießen Sie diese Gelatine-Lösung auf die Platte auf und lassen sie zerfließen.
  • Schleudern Sie die Platte.
  • Baden Sie die Platte in Ammoniumdichromat-Lösung und lassen sie trocknen.


Anmerkungen:
Diese Onlineversion basiert auf dem ersten Buchmanuskript aus dem Jahr 1997. Die erste – bereits stark erweiterte und überarbeitete – Buchauflage erschien im Jahr 2004.
Aktuell ist das Buch in der nochmals korrigierten und erweiterten 7.Auflage vom Jahr 2020 erhältlich. Während die einzelnen Seiten dieses Webauftritts oft nur wenige, kurze Absätze enthalten, ist das Buch aktuell zweispaltig und mit minimalem Rand auf 232 DIN-A4-Seiten bedruckt, weil die zahlreichen Informationen nur noch so zwischen zwei Buchdeckel passen. Das Buch enthält nur wenige Illustrationen, dafür umso mehr „Input“. Als ergänzender ‚Bildspeicher‘ dient dieser Onlineauftritt.

Die Website besteht auch seit 2004 – sah früher allerdings so aus: ➥ www.ätzradierung.de ;-). Mit der gedruckten Auflage ist die Website nur in Ansätzen vergleichbar, sie enthält nur einen Teil der Informationen vom Buch und kann nicht korrigierte Fehler enthalten.

Informieren Sie sich vor der Anwendung der Rezepturen unbedingt auch aus anderen Quellen! Beachten Sie das Kapitel ➥ Vorsicht Chemie!

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