Radierwerkzeuge: Nadeln, Stichel, Moulettes …
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Die gebräuchlisten Radierwerkzeuge sind Radiernadeln und Schaber für die Kaltnadel- und Strichradierung. Radiernadeln gibt es in verschiedenen Ausführungen. Sie sind entweder vollständig aus Metall oder besitzen einen Holzschaft. Für die Kaltnadelradierung sind Ganzmetallausführungen empfehlenswert, weil diese durch das Eigengewicht der Nadel mehr Druck auf die Platte ausüben. Nadeln und Schaber haben verschiedene Profile. Für die ➥Ätzradierung sollte die Nadel nicht zu spitz sein, da die Linie sonst zu dünn wird. Im Gegensatz zur ➥Kaltnadelradierung ergibt sich nämlich keine merkliche Linienverbreiterung durch den aufgeworfenen Grat.
Werkzeuge für die Herstellung von Radierungen
Grundlegende Werkzeuge
- Radiernadeln – zum direkten Einritzen von Linien in die Druckplatte.
- Stichel – für präzisere Gravuren
- Schaber und Polierer – zum Glätten und Entfernen von unerwünschten Linien.
- Ätzgrund – als Schutzschicht auf der Platte, bevor sie geätzt wird.
- Druckplatte – ist meist aus Kupfer oder Zink, dient als Basis für die Radierung.
Ätztechniken und Hilfsmittel
- Säurebäder (Salpetersäure oder Eisenchlorid) – zum Ätzen der Linien in die Platte.
- Aquatinta-Harz – erzeugt Tonabstufungen und Schattierungen.
- Pinsel und Tupfer – zum Auftragen des Ätzgrundes oder der Aquatinta.
- Abdecklack – zum gezielten Schutz bestimmter Bereiche vor der Ätzung.
Druckprozess-Werkzeuge
- Farbe & Walzen – um die eingefrästen Linien mit Farbe zu füllen.
- Tarlatanstoff – zum Abwischen überschüssiger Farbe von der Platte.
- Kupferdruckpresse – erzeugt den Abdruck der Radierung auf Papier.
- Druckpapier – spezielles, angefeuchtetes Papier für optimale Farbaufnahme.

Radiernadeln
Radiernadeln selbst herstellen
Eine gute und billige Radiernadel können Sie aus einem Stahlnagel herstellen, den Sie mit der Beißzange geköpft haben. Dieser lässt sich jedoch nur köpfen, wenn Sie die Beißzange auf einen Stein auflegen und ihr mit dem Hammer einen satten Bumms geben. Meine ersten Nägel sind dann weit durch den Raum gesaust und die Sucherei ging los – bis ich auf die Idee kam, sie in einen Papierstreifen zu stecken und erst dann abzukneifen. Von einem Buchenstab/Dübelstab (Durchmesser 8-10 mm) sägen Sie ein ca. 15 cm langes Stück ab und bohren mit einem ganz dünnen Bohrer ein kleines Loch an die Stirnseite, in den sie den Nagel einschieben. Den Nagel können Sie mit einer Flex, Schleifmaschine, Bandschleifer, Ölstein oder Feile weiter zuspitzen.
Verwenden Sie einen normalen Nagel, so wird er mit der Zeit stumpf. Verhindern können Sie dies durch Härten: Sie erhitzen den Nagel mit einem Gas- oder Torchbrenner bis zur Rotglut, schrecken dann in Öl oder Wasser (20°C) ab. Das Metallgefüge wird dadurch verändert und sehr spröde. Sofort nach dem Härten schmirgeln Sie das Metall blank und erhitzen es nochmal bis zu violettblauer Farbe. Durch dieses „Anlassen“ mildern Sie die Glashärte des Metalls und die Nadel bricht nicht ab.
Sicher haben Sie das auch schon erlebt: Sie wollen mit einem Bunt- oder Bleistift zeichnen und die Mine schiebt sich nach hinten heraus. Werfen Sie diese Stifte nicht weg, sondern machen Sie eine Radiernadel daraus: Köpfen Sie einen Stahlnagel, bestreichen ihn hinten mit Sekundenkleber und schieben ihn bis auf 1- 1,5 cm tief an Stelle der Farbmine hinein. Anschließend schleifen Sie das Ganze mit einem Arkansas-Ölstein oder Winkelschleifer und ihre Radiernadel ist fertig.
Nadeln für Ätzradierungen
Weil der Lack leicht zu verletzen ist, haben Sie verschiedene Möglichkeiten: Sie stecken eine normale Nähnadel in ein Rundholz, für dickere Striche nehmen Sie eine Stricknadel oder ein beliebig geformtes Stück Metall oder Hartkunststoff.
Aufbewahrung und Schleifen von Radierwerkzeug
Zur Aufbewahrung stechen Sie die Nadel in einen Weinkorken, damit die Spitze nicht beschädigt wird. Wenn Sie die Nadel einige Zeit nicht benötigen, sollten Sie diese einölen, um sie vor Oxidation zu schützen. Zum Anspitzen der Nadel benötigen Sie einen Arkansas-Ölstein oder „Indischen Stein“ mit etwas säurefreiem Öl. Verwenden Sie kein Wasser, da die Nadel sonst rostet. Zur Überprüfung der Schärfe fahren Sie mit der Spitze des Stichels oder der Nadel leicht über den Fingernagel. Hakt sie, ist die Schärfe meist gut. Einen beim Anschleifen entstandenen Grat entfernen Sie durch Einstoßen der Nadel in ein Stück weiches Holz.
Bleistiftradierung
Mit einem weichen Bleistift wird auf einem dünnen Ätzgrund / ➥ Weichgrund wie mit einer Radiernadel, jedoch wesentlich weicher, gezeichnet und dann geätzt.
Holzspäne / Federkiele
Wenn Sie mit einem weichem Holz in die eingefärbte Platte polieren, es ergibt sich ein Mezzotintoeffekt. Das ist auch dazu geeignet, um Weißhöhungen herzustellen.
Federkiele eignen sich zum Zeichnen in Vernis Mou.
Stichel
Stichel bestehen aus dem eigentlichen Stichel und dem Heft. Im Gegensatz zur Nadel, die nur spitz zuläuft, haben die Stichel unterschiedliche Profile. Stichel sind vor allem für den ➥Kupferstich und die Kaltnadelradierung als Radierwerkzeug von Bedeutung. Man unterscheidet folgende Profile:
Für alle Stichel gilt ein Anschliffwinkel von 45° bis 60°

Herstellung eines Gravurstichels
Ein Gravurstichel besteht aus einem Vierkantstahl, der quadratisch – besser rautenförmig ist.
- Schleifen Sie die Ecken (Kanten) absolut scharf.
- Erhitzen Sie den Stahl rot glühend, biegen ihn zurecht und schrecken ihn in Wasser ab. Dadurch wird der Stahl „glashart“, aber bruchempfindlich.
- Polieren Sie die Kanten und Oberflächen.
- Nun folgt das sogenannte „Anlassen“: Wenn Sie die Stahlspitze vorsichtig erhitzen , verändert sich die Farbe des Stahls: Zuerst ist er blassgrau, dann dunkelgrau, anschließend wechselt die Farbe zu dunkelblau (erstes Blau). Beim weiteren Erhitzen folgt als nächste Farbstufe ein zweites Grau und ein weiteres, helleres Blau. Erhitzt man weiter, ergibt sich ein dunkel glühendes Rot. Wenn man den Stahl bei einer dieser Farben abschreckt, so bedeutet jede Farbstufe eine weitere Härtungsstufe, aber auch Versprödung. Die beste Abschrecktemperatur für ein Graviereisen liegt beim zweiten Grau.
- Nun wird das Ende noch im Winkel von 45° angeschliffen. Bei einem Winkel von 30°, wie er beim Holzstich verwendet wird, bricht die Spitze leicht ab. Ein Winkel von 60° lässt sich nicht gut führen, kann jedoch gut für Punktgravur und Stoßgravur verwendet werden. Wenn die Spitze des Stichels nicht sehr scharf ist, können Sie keine feinen Linien ziehen.Zum Anschleifen bewegen Sie den Stichel im Winkel von 45° rotierend mit etwas Öl auf einem (Arkansas-) Schleifstein.
Genauere Beschreibungen und Abbildungen im Buch …
Fadenstichel
Fadenstichel haben je nach Rasterfeinheit 2-25 feine Schneiden. Die Rasterstärke wird nach Feinheitsnummern angegeben, „so entspricht Nr.12 einem 70er, Nr. 14 einem 60er, Nr. 16 einem 54er, Nr. 18 einem 48er und Nr.20 einem 40er Raster. Nr.12 hat demnach eine Rasterfeinheit von 70 Linien pro Zentimeter, Nr. 20 eine Rasterfeinheit von 40 Linien/cm. …Der Stichel wird zur Arbeit in den Handballen gelegt und mit Daumen und Zeigefinger festgehalten. Er sollte aus der umschlossenen Hand nur etwa 2 cm herausstehen. Neue Stichel müssen daher entsprechend gekürzt werden.“
Fadenstichel sind als Radierwerkzeuge besonders für Parallelschraffuren geeignet.
Echoppe
- Bollstichel, Korrekturstichel
Die Echoppe ist eine schräg angeschliffene Radiernadel mit rautenförmiger oder ovaler Spitze, die Sie aus einer abgebrochenen Radiernadel zuschleifen. Sie entspricht dem runden Korrekturstichel. Mit der Echoppe lassen sich modellierte Linien erzeugen, indem Sie die Nadel beim Zeichnen leicht hin-und herdrehen. Die Echoppe dient auch zur Nachahmung breiter Federstriche. Sie können damit auch kleine Löcher und Vertiefungen in die Platte drehen. (Beispielarbeit: Bosse)
Abb.: Theodore Henry Adolphus Fielding ((1781-1851) aus: „The Art of Engraving“ 1841, Abbildung eingebunden aus commons.wikimedia.org / Quelle http://www.antiqueprints.com/Info/etching.php
Engraving tools – (a) Radiernadel, etching needle, (b) Schaber, scraper, (c) and (d) Polierstähle, burnishers, (e) Gravierstahl, graver, (f) scooper, (g) scraper for mezzotints, (h) stipple graver, (i) roulette for mezzotints, (j) Mezotintomeser, Granierstahl, shading tool for mezzotints, (k) Roulette, roulette for mezzotints, (l) dry-point graver, (m) Punktierhammer, Spitzhamer, hammer, (n) Tampon für Weich- und Ätzgrundauftrag, dabber for applying the ‚ground‘, (o) brushes for applying varnish (p) calliper compasses.
Mattoir
Das Mattoir ist ein in der ➥ Crayonmanier gebräuchliches Radierwerkzeug, ein gezähntes Hämmerchen das kolbenförmig oder feilenähnlich endet. Damit können Sie Striche aus lauter kleinen Punkten, ähnlich dem Kreidestrich, auf die Platte aufbringen.
Roulettes & Moulettes


Die Roulette ist ein gezähntes Rädchen, das einseitig auf einer Achse aufgehängt ist und leicht in Kurven geführt werden kann. Die Achse muss stets sorgfältig geölt werden. Die Zähnchen ergeben punktartige Plattenverletzungen. Durch Druckveränderung erhalten Sie im Abdeckgrund unterschiedliche Tiefen und damit nach der Ätzung unterschiedliche Grauwerte mit einer „großen Weichheit des Tones“. Die Roulette kann bei bereits gerasterten Platten auch dazu verwendet werden, zu tiefe Töne wieder aufzuhellen.
Die Moulette ist das Pendant zur Roulette, besteht jedoch aus einer kleine Zahnwalze, die beidseitig aufgehängt ist. Sie wird für flächige Wirkungen verwendet.
Granierwalzen
Granierwalzen sind größer als die Moulettes und Radiererkzeuge aus dem Kupferstich. Sie werden zum Aufrauen ganzer Flächen verwendet. (Granum, lat,: „Korn“, körnig machen, aufrauen).
Mezzotintomesser
- Wiegeeisen ,Wiegestahl,Granierstahl (dt.)
- cradle, rocher (engl.)
- berceau à poncer, grenoir (frz.)
Stahlinstrument mit bogenförmig gezähnter Schneide (Wiege), mit dem bei der Schabkunst (Mezzotinto) die Platte aufgeraut wird.

Das spachtelartige Messer ist an der gerundeten Schneide mit kammartigen Zähnchen besetzt, die durch schaukelnden Druck auf die Kupferplatte (“wiegen“) diese aufrauen und damit den dunklen Grundton des Abdrucks erzeugen.
Schaber & Polierstähle
- Radiermesser, Schaber, Hohlschaber, Dreikantschaber
Polierstahl
Um radierte Nadeln wieder zuzudrücken oder in der Mezzotintotechnik Helligkeiten aus der Platte herauszudrücken, verwenden Sie den Polierstahl.
Schlag- und Kratzwerkzeuge
Punzen
Punzen sind ursprünglich Werkzeuge der Goldschmiede. Es sind Stahlstifte, die an der Spitze eine geschliffene oder gegossene Form aufweisen, mit der Sternchen, Striche, kleine Kreise oder Ornamente ins Metall geschlagen werden. In Werkzeughandlungen sind Schlagpunzen erhältlich, die als Buchstaben ausgebildet sind. Punzen werden mit dem Hammer ins Metall, Holz oder Leder geschlagen. Mit Punzen und Messern wurde im 15.Jahrhundert auf Metall- und Holzplatten der sogenannte „Schrotschnitt“ (auch: „Metallschnitt“) praktiziert. Dabei druckt die Platte vollflächig und die Linien bleiben weiß. (Weißschnittverfahren)
Spitzhammer
Spitzhämmerchen sind ähnlich ausgebildet wie Punzen, haben jedoch Hammerform.
Carborund – Radierstifte
Diese sind mit verschieden feinem Korn erhältlich. Sie bestehen aus zusammengepresstem Schmirgel und haben unterschiedliche Körnungen. Sie ritzen jedoch nur oberflächlich und ergeben bei der Kaltnadel ohne Verstählung nur wenige Abzüge. Zur Lackverletzung bei der Radierung sind sie jedoch geeignet.
Unkonventionelle und aleatorische Radierwerkzeuge
Nach der Definition der Radierung ist alles als Werkzeug geeignet, mit dem der Abdecklack verletzt werden kann. Neben den klassischen Werkzeugen gibt es viele unkonventionelle Methoden und Werkzeuge, um Radierungen kreativ zu gestalten. Hier sind einige interessante Alternativen:
- Drahtbürsten – erzeugen raue, strukturierte Linien und Flächen.
- Schleifpapier – verwendet man, um weiche Übergänge oder Texturen zu schaffen.
- Zahnbürsten – sind perfekt für Sprenkel- oder Punktmuster durch vorsichtiges Auftragen von Ätzgrund.
- Federn oder Holzstäbchen – erlauben organische, unregelmäßige Linien.
- Radiergummis – können gezielt eingesetzt , um Ätzgrund zu entfernen und helle Bereiche zu erzeugen.
- Sand oder Salz – wird auf die Platte gestreut, um interessante Strukturen zu erzeugen.
- Textilien (z. B. Stoff oder Netz) – werden auf die Platte gedrückt, um Muster zu hinterlassen.
- Schraubenzieher oder Nägel – für grobe, expressive Linien und Kratzer.
- Blätter oder Naturmaterialien – verwendet man als Schablonen oder für Druckstrukturen
Diese Werkzeuge eröffnen neue gestalterische Möglichkeiten und verleihen Radierungen eine einzigartige Handschrift.
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