Abdecklacke

Rezepturen für Ätzgründe

Um Druckplatten für die Strichradierung oder für Aquatinta ätzen zu können, müssen Partien, die blank bleiben sollen, zuvor mit Abdecklack überzogen werden. Hier finden Sie die gebräuchlichsten Rezepturen und Auftragsarten. Mehr – und detailliertere – Anleitungen haben über die Jahre ihren Weg ins Buch gefunden.


Abdecklack nach J.Callot

Zutaten:

  • 60 g Wachs
  • 50 g Mastix (Harz vom Mastixbaum)
  • 6 g Asphalt
1620 Callot Der Zwerg mit der Laute anagoria
Jacques Callot: Der Zwerg mit der Laute anagoria, Radierung, 1620

Empfehlung: „R&P-Abdecklack“

Rainer Pöhlitz hat im Verlauf mehrerer Jahre einen Abdecklack entwickelt, der das Durch- und Aufätzen darunter liegender, bereits geätzter Partien verhindert. Die Handhabung und Vorzüge beschreibt er in diesem ➥ Youtube-Video.
Der Lack ist erhältlich bei:
Rainer Pöhlitz, Pattenhofenerstr.4, 90559 Burgthann, Tel. 09183-3486.

Es handelt sich um einen Schicht bildenden, viskosen und lang elastisch bleibenden Lack auf Asphaltbasis, der wirkungsvoll unerwünschtes Aufätzen an Punkt- und Linienkanten bereits geätzter Partien verhindert. Der Lack trocknet seidenmatt tiefschwarz auf und haftet auch auf nachlässig entfetteten Platten.




Grundbestandteile von Abdecklack

Zutaten:

  • Bienenwachs
  • Harz
  • Asphalt (=Bitumen oder Erdpech)
  • Terpentinöl bzw. Lösungsmittel

Aus diesen Bestandteilen bestehen in unterschiedlichen Zusammensetzungen die meisten Abdecklacke. Je mehr Bitumen der Abdecklack enthält, umso spröder wird er; je mehr Bienenwachs, desto leichter löst er sich durch Berührung mit der Hand und die Widerstandsfähigkeit gegen Säure schwindet. Platten, die mit Asphaltlack beschichtet sind, sollten nicht zu lange im Hellen gelagert werden, weil Asphalt lichtempfindlich ist und sich nach Lichteinwirkung immer schwerer von der Platte lösen lässt.

Hartgrund „Wachskegel“

  • „Normalätzgrund“, „Hartgrund“

Hartätzgrund wird in kegelförmigen Wachskegeln im Handel angeboten. Diese Wachskegel sind der ideale Ätzgrund für die Zeichnung mit der Radiernadel. Normalätzgrund besteht aus Wachs, burgundisch Pech, Mastix, Asphalt, Terpentin und wird meist in Hütchenform angeboten. Er lässt sich mit Terpentinersatz wieder von der Platte entfernen. Die Beschichtung kann sehr dünn und trotzdem deckend sein. Die Nadel gleitet auf der Platte wie der Stift auf Papier, vorausgesetzt, sie ist nicht zu spitz. Auch Hayter bemerkt, dass in den gewalzten Grund leichter zu radieren sei, als in den flüssig gegossenen oder aufgepinselten Grund. Der Grund sei, dass der gewalzte Grund aus weicheren Bestandteilen besteht und dünner ist.
Der feste Ätzgrund härtet zudem auch nicht aus. Sie können also Platten auf Vorrat beschichten.

Auftragsarten

Wachskegel

Den Ätzgrund stupsen Sie mehrmals auf die erhitzte Platte auf, verreiben ihn mit einem Tampon und walzen ihn mit der Lederwalze dünn aus. Schützen Sie Ihre linke Hand dabei mit einem Gartenlederhandschuh, damit Sie sich Ihre Finger nicht verbrennen. Der Ätzgrund härtet beim Erkalten aus.
Bezugsquelle für Wachskegel / Normalätzgrund

Auftrag nach Brunner

Brunner beschreibt das klassische Verfahren so: „Die geschliffene und polierte Platte wird zuerst mit einem Brei aus Alkohol (Spiritus) und Schlämmkreide von Fettspuren gereinigt. Dann wird die Platte gleichmäßig so stark erwärmt, dass sie zischt, wenn man sie mit dem nassen Finger berührt. Von einem Klumpen Normalätzgrund streicht man eine genügende Menge auf die heiße Platte und verteilt sie gleichmäßig dünn durch Stupsen mit einem festen Stofftampon.“ Vermeiden Sie Fingerabdrücke! Schon Bosse rät , darauf zu achten, dass die Hand nicht schwitze, „..alldiweil das schweißende Wasser an dem Firnis hangenbleibt/ und wenn es das Feuer verspührt/ im Kochen etliche kleine Löcher macht/ die man sonst nicht sehen kann.“
Mit einer Lederwalze verteilen Sie den Ätzgrund gleichmäßig auf der warmen Platte.

Auftrag nach Preissig

Preissig beschreibt den Ätzgrundauftrag folgendermaßen:
Ein Säckchen wird mit Taffet umhüllt und mit Ätzgrund (Wachs, Asphalt und Harz) gefüllt. Legen Sie es auf die erwärmte Platte. Erhitzen Sie die Platte so weit, bis der Ätzgrund durch das Säckchen hindurch schmilzt. Anschießend verteilen sie die geschmolzene Substanz mit dem Tampon gleichmäßig über die Platte.
Vorsicht: Überhitzen Sie die Platte nicht. Sobald der Ätzgrund zu rauchen beginnt, ist er unbrauchbar und muss wieder abgewaschen werden!

Auftrag nach Hayter

Eine kleine Menge Hartgrund wird auf der erhitzten Platte geschmolzen. Dafür wird, bei Selbstherstellung, die Kegelspitze bzw. der obere Teil des Hartgrundes benutzt, weil bei der Herstellung und beim Erkalten alle Verunreinigungen nach unten gesunken sind. Wird der Hartgrund in feine Seide eingewickelt, hält diese Verunreinigungen beim Aufschmelzen zurück. Auch der nun folgende Auftrag sollte weitestgehend staubfrei erfolgen. Um jedes Sand- oder Staubkorn bildet sich ein kleiner Hof, der als Ätzloch den Effekt eines dunklen Punktes ergibt.

Den Abdeckfirnis nehmen Sie mit der Lederwalze von der heißen Platte auf und verteilen ihn gleichmäßig auf der Platte. Die Platte ist in diesem Zustand noch zu heiß, um hier aufzuhören. Es könnten sich Luftblasen unter dem Abdecklack bilden. Schieben Sie die Platte an den Rand der Heizplatte und lassen sie so weit abkühlen, dass die Berührung mit dem Finger am Rand gerade noch erträglich ist. Walzen Sie nun den Firnis zu einer mattbraunen Oberfläche aus.

Brooklyn Museum - Mary Cassatt at the Louvre The Paintings Gallery (Mary Cassatt au Louvre La Peinture) - Edgar Degas
Edgar Degas: Au Louvre: la peinture (Mary Cassatt). Radierung, Aquatinta und Kaltnadel. 30,3 x 12,5 cm. Erschienen bei Ambroise Vollard ca.1880, Quelle: commons.wikimedia.org

Vorsicht! Ist die Platte zu kalt geworden, löst sie sich der Firnis wieder von der Platte und klebt an der Walze. Dann muss nochmals erhitzt werden. Wird die Platte zu heiß, beginnt der Ätzgrund zu rauchen und ist zerstört.

Anrußen

Weil durch den Ätzgrund das rötliche Kupfer noch durchscheint und die Zeichnung so nicht so gut zu erkennen ist, können Sie die Platte mit einer rußenden Kerze anschwärzen um die hellen, radierten Linien gut sichtbar zu machen. Schober nennt diesen Vorgang „Anrauchen“.
Schrauben Sie die noch warme Platte vorsichtig quer in eine Halteklemme (Schraubzwinge) oder fassen sie mit einer Klammer an einer geeigneten Stelle an (Ecke oder Mitte einer Seite) Rußen Sie nun vorsichtig von unten über einer mehrdochtigen Wachsfackel. Eine Öllampe oder ein angezündetes, ölgetränktes Papier mit normalem Heizöl ergibt ebenfalls eine tiefschwarze Rußschicht (stinkt jedoch beim Verbrennen). Verharren Sie nie über der Flamme, weil sonst der Abdecklack verbrennt. Bewegen Sie die Platte ständig hin- und her. Die Flamme darf den Ätzgrund niemals berühren!!! Er verbrennt und bekommt Löcher. Fackeln Sie auch nicht zu viel Ruß auf, der Ätzgrund nimmt nur eine bestimmte Menge Ruß auf. Wird der Ätzgrund dunkel und bleibt trotzdem glänzend, ist der richtige Grad erreicht. Dabei wird der Ätzgrund zusätzlich noch gehärtet.

Wird der Abdeckgrund matt, war der Rußanteil zu hoch und der Lack zerstört. Ganz leichte, matte Schlieren stören nicht.

Kreijca bemerkt, dass der Ätzgrund Hochglanz bekommt, wenn Sie die Rückseite der Platte mit Wasser abschrecken, sobald die Platte rußgeschwärzt ist.

Planches de l'Encyclopédie de Diderot et d'Alembert, volume 4.
Planches de l’Encyclopédie de Diderot et d’Alembert, volume 4. Quelle: commons.wikimedia.org, Public Domain

Anweißen

Zur Beurteilung ist es besser, wenn Sie die Linien schwarz auf weißem Grund sehen. Anstatt die Platte anzuschwärzen, wird der Ätzgrund mit einer dünnflüssigen Leimfarbe überzogen, evtl. mit einer Leinöltemperafarbe. Oft wurde der Abdecklack selbst mit weißer Farbe eingefärbt, um diesen Schwarz-auf-weiß-Effekt zu erhalten.

Rezepturen für festen Ätzgrund

Anmerkung: Im Buch finden Sie eine ganzseitige Tabelle, in der ich die Bestandteile und Zusammensetzungen von flüssigen und festen Abdecklacken seit Dürer vergleiche. Im Buch sind 39 verschiedene Rezepturen aufgeführt.

Abdecklack nach Rembrandt

Zutaten:

  • 50 g Bienenwachs
  • 15 g Mastix
  • 15 g syrischer Asphalt
B095 Rembrandt
Rembrandt Hermaez van Rijn, Peter und Johannes am Tor des Tempels: Radierung, 1629

Im Buch habe ich zahlreiche weitere Rezepturen der Fachliteratur der vergangenen 500 Jahre entnommen und mit Bestandteilen und Mischungsverhältnissen auf Tabellen gegenüber gestellt.
Hier als Ausriss:


Bezugsquellen

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Anmerkungen:
Diese Onlineversion basiert auf dem ersten Buchmanuskript aus dem Jahr 1997. Die erste – bereits stark erweiterte und überarbeitete – Buchauflage erschien im Jahr 2004.
Aktuell ist das Buch in der nochmals korrigierten und erweiterten 7.Auflage vom Jahr 2020 erhältlich. Während die einzelnen Seiten dieses Webauftritts oft nur wenige, kurze Absätze enthalten, ist das Buch aktuell zweispaltig und mit minimalem Rand auf 232 DIN-A4-Seiten bedruckt, weil die zahlreichen Informationen nur noch so zwischen zwei Buchdeckel passen. Das Buch enthält nur wenige Illustrationen, dafür umso mehr „Input“. Als ergänzender ‚Bildspeicher‘ dient dieser Onlineauftritt.

Die Website besteht auch seit 2004 – sah früher allerdings so aus: ➥ www.ätzradierung.de ;-). Mit der gedruckten Auflage ist die Website nur in Ansätzen vergleichbar, sie enthält nur einen Teil der Informationen vom Buch und kann nicht korrigierte Fehler enthalten.

Informieren Sie sich vor der Anwendung der Rezepturen unbedingt auch aus anderen Quellen! Beachten Sie das Kapitel ➥ Vorsicht Chemie!

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