Papiere / Papier schöpfen

Papiersorten für die Radierung

Im Folgenden wird die Papierherstellung sowie die Herstellung von Bütten beschrieben.

Das Papier hat einen entscheidenden Einfluss auf das Druckergebnis. Rembrandt verwendete dickeres Japanpapier. Picasso druckte einige Radierungen auf Pergament, Whistler verwendete für seine Drucke teilweise seidiges Chinapapier. In der Regel verwendet man jedoch weiße, wenig geleimte (oder ungeleimte) Büttenpapiere.

Geeignetes Papier

  • Kupferdruckpapier (claro)
  • Ingrespapier
  • selbst geschöpfte Papiere – dazu gibt es ➥ ein eigenes Kapitel
  • Küchenkrepp (auf stabileres Papier aufkleistern)
  • Klopapier (dito)
  • saugfähiges Aquarellpapier
  • Chinapapier
  • Pergament
  • Hadernpapier (aus Baumwolle oder Lumpen ➥ z.B.🛒 hier )
  • … das Papier sollte nicht „gestrichen“ oder geleimt sein

Von Hand geschöpftes, halb- oder ungeleimtes Papier dehnt sich am wenigsten aus. Für Kontrolldrucke können Sie auch Ingres-Papier verwenden. Es gibt spezielles Kupferdruckbütten bzw. Kupferdruckkarton. Kupfertiefdruckkarton hat ein Papiergewicht von 150-350g/m2. Für den Auflagendruck wird häufig die schwere und teure Qualität mit 250-350 g/m2 verwendet. Handgeschöpfte Büttenpapiere sind bis zu einem Gewicht von 1350 g/m² erhältlich.

Papierherstellung - Fabrication du papier
Papierherstellung – Fabrication du papier aus: Leçons élémentaires de chimie (B.Bussard, H.Dubois), 1906,(PD) via Commons.wikimedia.org

Fabriano-Papier zählt zu den edleren und teureren Qualitäten, da es zu einem Gutteil aus Baumwolle besteht. Picasso druckte teilweise auf Pergament. Echtes Pergament ist jedoch wegen des Preises nur für Luxusabzüge zu empfehlen.

Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz: Büttenpapiere werden nicht geschnitten, sondern gefaltet und gerissen. (Die sinnliche Ästhetik eines gerissenen Blattes gegenüber einem kalt geschnittenen Blatt macht aber jedes Gesetz überflüssig.)

In Malergeschäften oder Baumärkten sind lange Metalllineale und Tapetenmesser erhältlich, mit denen das Papier gut gerissen werden kann. Handelsübliche Büttenformate sind 78 x 106 cm und 56 x 78 cm. Diese Formate haben jeweils 4 echte Büttenränder.

Papierherstellung: Bütten selbstgemacht

Bau eines Papierschöpfsiebes

Einfache Variante:
Kaufen Sie
– billige Leinwände auf Keilrahmen im 1€-Shop
– Fliegengitter (Metall oder Kunststoff)
– selbstklebendes Türdichtungsband
– Bilderrahmen aus Holz oder Kunststoff
Pro Schöpfrahmen verwenden Sie idealerweise zwei Rahmen.
Entfernen Sie die Leinwand und bespannen Sie den Rahmen mit Fliegengitter. Dieses können Sie am Holzrahmen festtackern oder mit Reißnägeln befestigen. Bei Kunststoffrahmen kann doppelseitiges Teppichklebeband Verwendung finden.
Der zweite Rahmen wird ringsum mit Türdichtungsband beklebt.

Zum Papierschöpfen legen Sie beide Rahmen aufeinander wodurch der Papierbrei nicht über den Rand abfließen kann. Das Wasser fließt durch das Gitter ab und die Fasern bleiben auf dem Gitter. Wenn Sie den „Dichtungsrahmen“ abheben, steht die Papierschicht in gleichmäßiger Höhe auf dem Schöpfrahmen.

Bau einer Papierpresse

Mit Mehrschichtplatten und einem Wagenheber lässt sich eine recht gute Papierpresse herstellen:

Papierpresse - Selbstbau © Wolfgang Autenrieth
Papierpresse – Selbstbau © Wolfgang Autenrieth – eigene Skizze

Grundstoffe zur Papierherstellung

Grundstoffe zur Papierherstellung sind: eine zerfaserte Baumwollwindel als Grundlage und zerkochtes Schreibmaschinenpapier, dazu 80% Wasser. Achten Sie bei der Auswahl auf holz- und säurefreie Grundstoffe (siehe oben: Holz- Ligningehalt bestimmen), falls Sie Ihre Radierungen für spätere Generationen erhalten wollen. Schlechte Papierqualitäten sorgen zur Zeit in vielen Bibliotheken für immense Kosten, weil die Bücher zerfallen.

Für das Papierschöpfen im Unterricht – ohne maximalen Anspruch an die Beständigkeit des Papiers, jedoch mit maximalem Anspruch auf kostengünstige und einfach zu verarbeitende Ausgangsstoffe – habe ich über einen längeren Zeitraum die Papierschnipsel aus dem Aktenschredder des Sekretariats und dem Lehrerzimmer verwendet. Diese Schnipsel dann über Nacht in viel Wasser eingeweicht und am nächsten Tag mit dem Küchenmixer zerfasert.

Ansetzen der Maische und Siebe

Technische Herstellung:

Der Faserbrei wird zu 99% mit Wasser vermischt und auf das Sieb gespritzt oder aus dem Brei geschöpft. Die Fasern lagern sich neben- und übereinander ab und verfilzen. Das Wasser läuft ab, mechanischer Druck verringert den Wasseranteil auf 50%. Über Trockenzylinder wird das Restwasser verdampft.

Papierherstellung – Vorbereiten der Papierfasern

Altpapier

Nehmen Sie zum Ansetzen des Papiers kein Zeitungspapier. Das Papier ist säurehaltig, nicht zur Lagerung bestimmt und nicht lichtecht. Die Radierungen, die Sie auf derartigem Papier drucken, haben durch den Säuregehalt des Papiers nur eine begrenzte Haltbarkeit, vergilben sehr schnell und bekommen Stockflecken. Geeignetes, noch nicht bedrucktes Papier wird in Buchdruckereien zum Altpapier gegeben. Fragen Sie dort mal nach.

Naturfasern

An Stelle von Altpapier können Sie zur Papierherstellung auch: Lauch, Heu, Gras, Stroh, Blaukraut, Zwiebeln, Bananenschalen, Dill, Kümmel usw. als Fasergrundlage verwenden. Diese Materialien, besonders Gras, müssen Sie jedoch erst mindestens eine Stunde kochen, um die Fasern aufzubrechen.

Servietten etc.

Alte Papierservietten und Tempotaschentücher oder Haushaltstücher lösen sich sehr leicht in Fasern auf.
Sie können mit diesen Fasern rote, gelbe oder violett-blaue Papiere sehr leicht herstellen.
Achtung!
Auf Begriffe wie Lichtechtheit und Beständigkeit müssen Sie bei derartigen Ausgangsmaterialien jedoch verzichten. Bei billigem, holzhaltigen Papier kann es keine Lichtechtheit geben, auch die in Servietten enthaltenen Farbstoffe entsprechen niemals den Beständigkeitsgraden der Wollskala.

Herstellen des Faserbreis

Zunächst wird das Papier mit der Papierschneidemaschine in kleine Fetzen geschnitten. Besonders leicht tun Sie sich mit Papier aus dem Reißwolf oder Aktenvernichter. Diese werden in heißem, kochendem Wasser eingeweicht. Nach einigen Stunden Einweichprozess verwende ich zum „Zerhäckseln“ der Papierschnipsel einen Eimer und eine Bohrmaschine mit Rühraufsatz (zum Gips- oder Zementmischen). Der dicke Brei bleibt danach zum Einweichen über Nacht stehen.

Die „Feinzerfaserung“ geschieht mit einem etwas stärker verdünnten Brei am nächsten Tag mit alten Küchenmixern. Pürierstäbe sind ebenfalls möglich, sind jedoch erst in der Endphase – wenn die Papierschnipsel sich bereits zerfasert haben – geeignet. Sonst überhitzen sie und haben nur noch Schrottwert. Füllen Sie dann eine große Wanne mit Wasser und geben etwas Faserbrei dazu (es muss eine sehr dünne Mischung geben – ca 95%-98% Wasseranteil).

Papier schöpfen

Schöpfen Sie mit dem Sieb das Papier heraus, dass es eine ca. 2-3 mm starke Schicht auf dem Sieb gibt, wenn das meiste Wasser abgetropft ist.

Vorbereiten zum Trocknen

Legen Sie das Papier zwischen Filztücher (falls Sie keine Struktur wünschen), Molton-Flies , darunter eine Tischdecke, abgerissene Leinentuchstücke (feine Leinentuchstruktur), Windeleinlagen als Zwischenlagen zum Trocknen, mehrere Lagen Zeitungspapier zum Aufsaugen der Feuchtigkeit.

Erstes Pressen

Legen Sie darüber und darunter eine Mehrschichtplatte und pressen den Stapel mit Schraubzwingen aus.

Zweites Pressen

Legen Sie danach wieder neue Papier- oder Moltonlagen zwischen die Papierschichten und pressen nochmals 10 Minuten.

Trocknen

Hängen Sie das Papier zur Schlusstrocknung auf einer billigen Wäschespinne auf. (Wenn Sie dem Gestell Räder verpassen, könne Sie es einfach im Raum verschieben)

Ich besitze in meiner Fotodunkelkammer zwei Heiß-Trockenpressen, mit denen das Trocknen stark beschleunigt werden kann. Falls in der Schule vor Ort noch kein Wegwerfwahn grassierte, findet man solche noch im Keller oder auf dem Dachboden. Sonst bei Ebay oder auf Flohmärkten.

Der Papyrer Holzschnitt aus: Jost Amman (1539-1591)
Der Papyrer Holzschnitt aus: Jost Amman (1539-1591): Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden hoher und nidriger, geistlicher und weltlicher, aller Künsten, Handwerken und Händeln … (erstmals Frankfurt am Main 1568,(PD) via Commons.wikimedia.org

Papierherstellung aus Lumpen (Hadern)

Schwierig, langwierig und teuer. Am besten geeignet sind alte, echte Leintücher, von denen man sich ungern trennt. Ersatzweise können Sie auch aus Baumwolle sein. Sie zerschneiden diese in 1×1 cm große Stücke, entfernen Nähte und ähnliches.

Bedecken Sie diese Flocken gerade mit Wasser, geben 4 Teelöffel Ätznatron pro Liter Wasser dazu und kochen das Ganze 8 Stunden lang. Rühren Sie ab und zu um, damit der Brei nicht anbrennt.
Leeren Sie die entstandene Brühe ab und neutralisieren sie mit Salzsäure. Waschen Sie den Brei mehrmals aus.
Die feuchte Masse „rösten“ Sie mehrere Wochen auf einem Steinboden oder in einer Emailschüssel, d. h. Sie lassen den Brei verfaulen.
Nach dem Faulvorgang waschen Sie nochmals gründlich aus. Dabei geht (leider) ein Gutteil der Fasern verloren. Nun muss der Brei noch zermahlen werden, entweder in einem Mixer, im Fleischwolf oder Mörser, was alles nicht sehr gut funktioniert.
Appetitlich, nicht?….

Eigene Wasserzeichen herstellen

Die Herstellung eigener Wasserzeichen ist nicht besonders kompliziert, wenn Sie das Papier selbst schöpfen. Sie biegen dazu Formen, Buchstaben oder Figuren aus nicht rostendem Stahl und nähen diese auf das Schöpfsieb. Setzt sich die Papiermaische auf dem Sieb ab, ist sie an diesen Stellen dünner und Sie sehen nach dem Trocknen im Gegenlicht das helle Wasserzeichen. Kupferdrähte eines alten Elektrokabels sind geeignet, die Drähte dürfen sich jedoch nicht kreuzen, weil die Erhebung dann zu dick würde und ein Loch im Papier entstünde. Als Gestaltungshilfe zeichnen Sie das Wasserzeichen auf ein Blatt Papier und kleben dieses von unten mit Tesa gegen das Sieb. Dann legen Sie die Drähte von oben exakt darauf und nähen sie mit dünner Perlonschnur fest.

Papierformate

Sie können Formate bis A3 selbst schöpfen. Für größere Formate benötigen Sie Kraft und Geschick. Außerdem müssen Sie ab A4 das Sieb mit Querstreben oder Querdrähten gegen Durchhängen sichern, sonst wird das Papier in der Mitte viel dicker als am Rand.
Zusatzbemerkung: Selbst geschöpftes Papier lässt sich in freien Formen herstellen, die Form ist nur abhängig vom Schöpfrahmen und der ebenen Siebfläche.
Aus Moosgummi können Sie mit einem Skalpell leicht Formen herausschneiden, in denen sich die Papiermaische sammelt.

Nachbearbeitung: Glätten des Papiers

Reiben Sie mit einem Achat, Flint oder Speckstein über das Papier, so wird es glatter.

Zusatzstoffe / Zuschläge

Modellgips

Modellgips erhöht stark das Weiß des Papiers und verbessert die Griffigkeit. Auch das Trocknen wird beschleunigt.

Titanweiß

Titanweiß ist ein sehr guter Füllstoff und bewirkt hohe Opazität und sehr reines Weiß.

Harzseife

Zutaten:

  • 20-30 g Kolophonium
  • 2,5-4 g Ätznatron
  • 30-40 g Alaun
  • 0,3 l Wasser

Kolophoniumharz in Ätznatron- oder Sodalauge verseift ergibt sogenannte Harzseife. Diese Harzseife wurde mit Wasser zu „Harzleim mild aufgekocht und der Papierfaserlösung zugeben. Durch Zusetzen von Papiermacher-Alaun flockte das Harz aus und lagerte sich an der Faser an.“

Ätznatron und Alaun werden in 0,3 Liter Wasser 3-4 Stunden lang gekocht. Der so entstandene Harzleim wird mit einem Liter Wasser zu Harzleim-Seife aufgekocht und dem Papier-Dickstoff unter ständigem Rühren zugegeben. Nun löst man den Alaun in einem Glasgefäß in 250 ml warmem Wasser auf, verdünnt mit einem weiteren Liter Wasser und gibt ihn ebenfalls dem Dickstoff zu.

Bleichen

Mit Wasserstoffperoxid

Das Papier kann mit ein- bis zweiprozentiger Wasserstoffperoxid-Lösung gebleicht werden. Wasserstoffperoxid ist nur in Verdünnung erhältlich. Die Konzentration muss umgerechnet werden.

Mit Wäschebleiche

Wäschebleiche muss nach dem Bleichen gut ausgespült werden.

Holzgehalt bestimmen

Wozu das gut sein soll?
Lignin ist in billigen Papieren dafür verantwortlich, dass sich das Papier unter Sonneneinstrahlung braun verfärbt. Sie sollten nur ligninfreies oder zumindest ligninarmes Papier verwenden, damit die Drucke auch nach Jahren noch gut aussehen und nicht altern.

Der Holzgehalt des Papiers kann mit folgender Lösung bestimmt werden:

Zutaten:

  • 1 g Phloroglucin
  • 50 cm3 Spiritus
  • 20 cm3 Salzsäure

Hinweis: Tauchen Sie das Papier in diese Lösung. Falls Lignin enthalten ist, färbt sich das Papier rot.

Formschnitt

Wer sagt, dass Radierungen einen Büttenrand brauchen? Besonders bei ungewöhnlichen Plattenformen können Sie das Papier exakt auf Plattengröße zuschneiden. Nehmen Sie die Platte als Schablone, legen das feuchte Papier darunter und schneiden die Kontur mit dem Federmesser nach.

Papier Färben

Dazu habe ich eine eigene Teilseite erstellt – siehe „Färben mit Naturmaterial

Färben mit Naturmaterial


Anmerkung:
Die Onlineversion basiert auf dem ersten Buchmanuskript von 1997 und ist mit dem Buch nur noch in Ansätzen vergleichbar. Die Seiten dieses Webauftritts enthalten oft nur wenige, kurze Absätze.  Das Buch ist zweispaltig gedruckt, damit die Informationen zwischen zwei Buchdeckel passen. Das Buch enthält hauptsächlich „Input“ – die Website dient als ergänzender ‚Bildspeicher‘. 

Erhältlich ist das Buch in erweiterten 7.Auflage mit 232 DIN-A4-Seiten.

Wege zum Buch  

Sicherheitshinweis:
Informieren Sie sich vor der Anwendung der Rezepturen unbedingt auch aus anderen Quellen! Beachten Sie das Kapitel ➥ Vorsicht Chemie!
Die Rezepturen sind der (historischen) Fachliteratur entnommen, sind nur teilweise selbst getestet und können (Übertragungs-)Fehler enthalten.
Quellenangaben zur Herkunft der Rezepturen finden Sie im Buch. Ich empfehle dringend, sich vor Anwendung der Rezepturen stets die Etiketten, Warnhinweise und Anleitungen durchzulesen, die mit den Chemikalien geliefert werden und fachkundigen Rat einzuholen. Chemikalien (und auch Naturstoffe) können karzinogen, erbgutschädigend und gesundheitsschädlich sein. Verwenden Sie Handschuhe und weitere Schutzmaßnahmen wie Mundschutz etc.

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