Xilographie und Tonstich

Der Holzschnitt / Holzstich

Holzschnitt und Holzstich / Xylographie sind im Gegensatz zur Radierung Hochdruckverfahren – wobei sich die Verfahren „Tiefdruck“ und „Hochdruck“ hier überschneiden: Falls der Holzstich klischiert wird, wurde der Stich als „Tiefdruckverfahren“ hergestellt und der Druckstock durch den Abguss dann zum Hochdruck-Druckstock gewandelt.

Thomas Bewick (1753-1828) entwickelte aus dem Holzschnitt den Holzstich, den er in Buchsbaum-Hirnholz ausführte. Er „… begann als erster damit, seine Motive nicht wie vordem üblich in die gemaserten, ungefähr faserparallelen Längsflächen zu schneiden, sondern quer zur Faser in das sogenannte Hirn- oder Stirnholz der Blöcke von Harthölzern wie Buchsbaum zu stechen. Auch verwendete er hierfür andere Werkzeuge, nämlich Stichel mit unterschiedlichen, meist V-förmigen Querschnitten. Diese Werkzeuge stammten aus der Kupferstichtechnik. Ein Arbeiten mit Sticheln ist effektiv – bei jedem Schub ersetzen sie zwei Messerschnitte. Jedoch ist der Holzstich im Unterschied zum Kupferstich ein Hochdruckverfahren, das heißt, zu druckende Flächen und Linien werden stehengelassen und jene Bereiche entfernt, die später weiß erscheinen.

Johannes Rüger (1868 – 1907): Der Holzschneider, in ‚Die Gartenlaube‘ 1903, Quelle: Commons.wikimedia.org

 

Das Hirnholz bot dem Stichel in jeder Richtung den gleichen, gut kontrollierbaren Widerstand. Vor allem aber erlaubte es Parallel- und Kreuzlinien von bisher im Holzschnitt unerreichbarer Dichte und Präzision und damit die Darstellung feinster Tonabstufungen und Details. Sogar kleinste Elemente konnten nicht mehr ausbrechen, weil sie mit den senkrecht stehenden Fasern fest in der Holzplatte verankert waren. Dies alles ermöglichte eine differenzierte Tonabstufung, die den Holzstich dem Kupferstich gleichwertig machte. Der aus Hirnholz hergestellte Druckstock kam in seiner Härte dem Stahl nahe und übertraf damit sogar das Kupferblech.“ (Zitat aus Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Holzstich)

Mit welch genialer Präzision in dieser Technik gearbeitet wurde, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für diese Drucke die Bereiche aus dem Holz entfernt wurden, die weiß bleiben sollten. Nur die schwarz druckenden Linienstege durften stehen bleiben. Der Druckstock aus Buchsbaum-Hirnholz konnte mit der Roulette und dem Stichel mit tonigen Wirkungen versehen werden.

Albrecht Dürer: Die Offenbarung des Johannes: 4. Die vier apokalyptischen Reiter, Holzschnitt, 1497,
Quelle: commons.wikimedia.org

Holzschnitt

Zahlreiche Künstler der Renaissance verwendeten den Holzschnitt, so auch Dürer. Im Gegensatz zum Holzstich, bei dem in das Hirnholz gestochen/graviert wird, verwendet der Xylograph bei dieser Technik meist weicheres Langholz von Obstbäumen. Die Fasern verlaufen dabei parallel zur Bildoberfläche. So konnten die Stege und Drucklinien nicht so fein ausgeführt werden, wie beim Holzstich.

 

Tonstich

Drehstromgenerator in Lauffen am Neckar, Zeitgenoessischer Holzstich von 1891
Drehstromgenerator in Lauffen am Neckar, Zeitgenoessischer Holzstich von 1891

Gustave Doré führte in Zusammenarbeit mit seinen Xylographen, die jeden Stich signierten, den sogenannten Tonstich zu einer großen Perfektion. Während der übliche Holzstich wie eine reproduzierte Federzeichnung wirkt, können im Tonstich durch mehr oder weniger dicht gestochene Linien feinste Hell-Dunkel-Abstufungen erzeugt werden, so dass der Eindruck einer lavierten Tuschzeichnung entsteht.[1] In der zweiten Jahrhunderthälfte wurden sogar Fotografien mit ihren hochdifferenzierten Tonwerten in den Tonstich übertragen. Daneben lieferten Künstler wie Honoré Daumier und Gustave Doré in Frankreich, Ludwig Richter und Adolph Menzel in Deutschland Zeichnungen mit detaillierten Angaben für die Umsetzung in den Tonstich. Gerade Menzel beklagte aber auch die nüchterne Routine, zu der das Handwerk der Xylographen vielfach erstarrt war.

Die für die Wiedergabe von Graustufen im Massendruck erforderliche Rastertechnik war noch nicht erfunden und so mussten Fotografien zu Holzstichen übertragen werden. Das harte Hirnholz gestattete unmittelbare Druckauflagen von 100.000 Stück und mehr. Oft wurde aber der Original-Holzstich gar nicht mehr für den eigentlichen Druck benutzt, sondern nur noch für die Herstellung von Kopien, von denen man dann drucken konnte. Gebräuchlich waren Stereotypien oder Klischees, die verminderte, aber für die meisten Zwecke ausreichende Qualität lieferten, oder galvanoplastische Kopien, deren Druckergebnisse vom Original kaum zu unterscheiden waren.“

Xilografie im Buchdruck

Adolf Cloß (Xylograph) (1840-1894): Portrait von Franz Keller-Leuzinger, 1874, Quelle: Commons.Wikimedia

Man beachte die Meisterschaft der Arbeit von Adolf Cloß. Ich unterstelle, dass es sich dabei um eine ➥ Photo-Xylografie handelt, deren Herstellungsverfahren ich im Kapitel „ Edeldruckverfahren“ beschrieben habe.
In den 30-er Jahren des 19.Jahrhunderts entwickelt sich aus der Holzstichtechnik von Thomas Bewick die Xylographie (Xilografie), die als Hochdruckverfahren mit dem Buchdruck in einem Arbeitsgang gemeinsam angewendet wurde. Holzstichplatten aus Buchsbaumholz konnten bis zu 100.000 Drucke ergeben. Die Holzstichplatte wurde entweder direkt gedruckt oder „klischiert“, d.h. in Letternmaterial (Blei) abgegossen und dann als Hochdruck gedruckt.

 

Links zur Xylographie

Wood-Engraving – hervorragender Artikel
De idiota investigante: Der Laienforscher Waren Holzstiche in Wirklichkeit Holzätzungen?

Synonyme und Abbildungen

  • Holzstich (dt.)
  • Wood engraving, Xylograph (engl.)
  • ukiyo-e.org Mehr als 200.000 Drucke japanischer Druckgrafik
  • Gravure en bois debout (frnz.)
  • Xylographie (frnz.)
  • Incisione in legno di testa (ital.)
  • Incisione in cavo in legno (ital.)
  • Xilografia (ital.)
  • Houtgravure, Xylografie (holl.)

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Quellenangabe ist obligatorisch: Wolfgang Autenrieth: Neue und alte Techniken der Radierung und Edeldruckverfahren – ISBN 978-3-98217650-5 / Zitiert aus der gekürzten Onlineausgabe: https://radiertechniken.de/ – gesehen am: