Reliefdruck / Carborundum

Der Prägedruck

Die einfachste Art zum Reliefdruck ist der Druck ohne Farbe von einer stark strukturierten Metallplatte. Diese Technik hat ihren Ursprung in derHarnisch- und  Waffenherstellung des Mittelalters. Damals wurden Musterbücher für die Ornamente der Harnische und Hieb- und Stichwaffen auf diese Weise erstellt.

Relief auf der Druckplatte erstellen

Ein Relief lässt sich auf verschiedenste Weise erstellen:

  • tief ätzen / durchätzen
  • Bohren, Senken
  • Heraussägen, Stanzen
  • montieren aus verschiedenen Metallstücken
  • Teile auflöten/aufschweißen
  • Kunststofffolie aufschmelzen
  • Klebstoff aufträufeln
  • Acryl-Kunstharz aufstreichen ergibt Pinselstruktur
  • auf dieses Kunstharz Quarzsand aufstreuen ergibt Fläche, die viel Farbe aufnehmen kann
  • Emaillieren der Druckplatte (Relief) mit 600-1000° C. (Schmelzpunkt Kupfer bei 1070°C!)

Der Druck erfolgt auf sehr voluminöses Papier. Als Unterlage in der Presse muss beim Druck eine speziell dicke Filzunterlage gelegt werden.

Malermanier

  • Carborundum, Carborundum-Radierung, Carborundumtechnik
  • Malermanier, Kunstharz-Aquatinta, Malerische Aquatinta (dt.)
  • manière de peinture (frnz.)
  • carborundum etsning (holl.)
  • carborundum engraving, carborundum printmaking process, carborundum etching, carborundum printmaking
  • La gravure au carborundum
  • Carborundum (Bildbeispiele-Google)

Die Kunstharz-Aquatinta ist eigentlich keine direkte Radierung, weil die Kupferplatte überhaupt nicht verletzt oder geätzt wird, sondern nur als Materialträger fungiert:
Andre Beguin prägte die Bezeichnung „Malermanier“ für dieses der Aquatinta ähnliche Verfahren, bei dem Acrylfarbe auf die Metallplatte gesprüht wird.

Jean Miro hat mit dieser Technik 1968 farbenprächtige Radierungen in riesigen Formaten geschaffen. (z.B. Äquinoktium, 1968, 104,3×73,7 cm). Er verwendete dazu diese neue Technik, die Henri Goetz erfunden hatte: „Diese Zonen erreichte Miro, indem er mit Carborundum (Schleifpapierquarz= Siliciumcarbid) vermischtem Kunstharz direkt auf die Radierplatte „malte“. Die schweren Harzschichten verhärteten sich zu einem dicken Relief, das sehr viel Farbe aufnehmen konnte und sich tief in das Papier einpresste….Die der Malerei verwandte Technik ermöglichte es Miro, Grafiken zu schaffen, deren Stil an seine Gemälde von 1968 erinnert.“
Antoni Clavé und Antoni Tàpies arbeiteten ebenfalls mit der Carborundum-Technik.

Kunstharzradierung

Sie malen die gewünschte Zeichnung mit einem langsamer trocknenden, leicht pastosen Kunstharzlack auf die Radierplatte. Auf diesen Lack streuen Sie vor dem Trocknen Quarzsand, stauben ab und reiben nun in den Quarzsand die Druckfarbe. Jean Miró fertigte auf diese Art farbenfrohe und farbenschwere Drucke. Der Farbauftrag wird hier so stark wie bei keiner anderen Radiertechnik.

  • Zutaten:
  • Schleifsand für Lithosteine
    Zink bzw. Titanweiß

Carborundum ist eine Kombination aus Radierung und Prägedruck. Zusätzlich zur Radierung bringen Sie an bestimmten Stellen der Druckplatte eine Mischung aus Schleifsand für Lithosteine und Zink bzw. Titanweiß auf. Anschließend wird die Radierplatte erhitzt, die aufgetragene Masse schmilzt und verbindet sich fest mit der Platte. Beim Druck hinterlassen die erhabenen Schichten Prägungen auf dem Papier.

Prägedruck

  • Prägedruck (Bildbeispiele-Google). Blinddruck, Blindprägedruck, Reliefblinddruck, Blindprägung
  • „Blind stamping“, „blind pressing“, „Embossing“, „Blind stamp“, (engl.)
  • „Impression en blanc“, „Gaufrage“, „Bombage“, „Empreinte en relief“ (frnz.)
  • „Stampa a rilievo“, „Impressione a rilievo“ (ital.)
  • „Blinddruk“ (holl.)
  • erhabener Druck: en relief
  • vertiefter Druck: en creux
  • weiß: Gaufrage oder Binddruck

Wird eine stark reliefierte Radierplatte ohne Farbe, weiß auf weiß, gedruckt, entsteht bei voluminösem Papier ein Papierrelief, das seine Wirkung durch Licht- und Schatten und durch den Gegensatz von gepresstem, glatten Papier gegen die rau gebliebene Papieroberfläche. Den Eindruck der Reliefierung können Sie verstärken, wenn Sie die Druckplatte einfärben und wieder vollkommen abwischen, so dass nur noch ein Hauch Farbe auf der Platte verbleibt.

Blinddruck für die Bilder des italienischen Fotografen Fratelli D'Alessandri
Blinddruck für die Bilder des italienischen Fotografen Fratelli D’Alessandri (19.Jahrhundert)
Quelle: commons.wikimedia.org

Etienne Hajdu hat bereits in den dreißiger Jahren ausgeschnittene Metallteile auf dem Druckschlitten angeordnet und weiß auf weiß als Relief gedruckt. Zerknüllte Alufolie ergibt reizvolle Reliefstrukturen im Papier.

Drucken Sie eine Reliefplatte schwarz auf schwarz gefärbtem Papier, entsteht eine Wirkung wie bei einem Relief in Ebenholz. Färben Sie die Radierplatte mit einem Borstenpinsel ein, damit die Farbe überall erscheint.

Montagedruck

Der Montagedruck ist eine Kombinationsmethode verschiedener Techniken. Auch die bisher beschriebenen Techniken lassen sich miteinander kombinieren und variieren.

Durch Auflöten und Anheften von Metalldrähten, -gittern oder gestanzten und bearbeiteten Metallstücken und der Kombination mit Durchätzungen (stunden- bzw. tagelang in Salpetersäure) bzw. Herausbohren /-sägen von Plattenteilen erreichte Rolf Nesch expressive Collagen, die er auf den Druck übertrug. Dem Papier wurden dabei Texturen und Formen eingepresst, ohne gegen die Grundgesetze der Drucktechnik zu verstoßen. Nesch färbte die einzelnen Elemente seiner Materialbilder von Hand ein und erreichte dadurch differenzierte Farbabstufungen, die bei jedem Abzug variieren.
Starke Zurichtung und dickes Papier sind Voraussetzung für gute Ergebnisse.

In späteren Arbeiten „lötete er die einzelnen Elemente nicht mehr auf, sondern färbte sie von Hand ein und legte sie sorgfältig auf seine durchlöcherten Metallplatten. Daher rühren die oft starken Abweichungen innerhalb seiner niedrigen Auflagen und oft tauchen dieselben Elemente in anderen Kompositionen wieder auf.“ Neschs Arbeiten haben dadurch den Charakter und Sammlerwert von Monotypien.

Teile aus der Druckplatte nehmen Sie mit Bohrer und Stichsäge heraus. Auch eine Dekupiersäge (elektrisch angetriebene Laubsäge) leistet gute Dienste.

Rudolf Schofs verwendete für seine Arbeit „Gravuren Nr.48“ drei ausgemeißelte Plattenteile, die durch Lötstellen wieder zusammengefügt wurden. Die einzelnen Plattenteile bearbeitete er mit verschiedenen Ätz- und Kaltnadeltechniken. Das Auflöten gelingt Ihnen nicht mit Lötkolben, weil die Wärmeableitung zu hoch ist. Verwenden Sie einen Gasbrenner, eine Lötpistole oder einen Torchbrenner, der in Baumärkten erhältlich ist und mit Feuerzeuggas gefüllt wird.

Sie können Fundstück-Metallteile aus der metallverarbeitenden Industrie oder vom Schrottplatz auf die Radierplatte auflöten oder mit Sekundenkleber befestigen. Bei Kombidrucken sichern Sie die Plattenteile gegen Verrutschen, indem Sie das darunter liegende Papier mit etwas Kreidestaub einreiben.

Die Teile evtl. vorher mit einem Aquatintakorn versehen und anätzen (siehe Ätzmittel f. Stahl usw.) Elemente farbig übereinander drucken.
Weitere Techniken in dieser Art:

  • Aufschmelzen von Metallteilen
  • Auflöten von Drähten

Lineares Strich-Cliché

  • Zinkätzung, Zinkhochätzung, Cliché, Klischee (dt.)
  • Zinkographie (dt.)
  • Aquaforte in taglio di risparmio su zinco (ital.)
  • eau forte en relief sur zinc, morsure sur zinc (frz.)
  • zinc-etching (engl.)
  • Ers op Zink (holl.)

ein Hochdruckverfahren (Buchdruck), lässt sich jedoch mit denselben Materialien herstellen und wurde daher aufgenommen.

Es wird so stark geätzt, dass die abgedeckten Linien/Flächen erhaben auf der Druckplatte stehen. Diese werden eingewalzt und gedruckt. Die Zeichnung kann mit Abdecklack, Rotring-Tuschestiften bzw. Pinsel mit Rotringtusche (nach dem Trocknen relativ wasserfest und säurebeständig), Edding-Filzstiften (Edding 3000) auf die Radierplatte aufgebracht werden. Für den Druck wird die Platte mit einer harten Lederwalze nur auf den stehengebliebenen Stegen eingefärbt und auf glattem Papier gedruckt.

Kreideplatte

  • =Mässerplatte

Krejca beschreibt eine Ersatztechnik für den Holzstich, die auch als Tiefdruck abgezogen werden könnte:

Tragen Sie auf einen stabileren Karton (1,5-2mm) eine Schicht Schlämmkreide mit Fischleim auf und glätten die Oberfläche sorgfältig. Kleben Sie den Karton zur Stabilisierung noch auf eine Sperrholzplatte. Mit Sticheln oder der Graviernadel zeichnen Sie in diese Platte. Die Kreide bietet kaum Widerstand und lässt freie Strichführungen zu. Die Zeichnung übertragen Sie mit chinesischer Tusche auf die Fläche. „Die fertige Gravur wird mit Hilfe einer Schellacklösung gefestigt. Die in die Kreideplatte eingravierte Zeichnung kann auch als Vorlage für den zinkographischen Druckstock in der Druckerei dienen; sie ahmt so die Original-Holzstich-Illustration nach.“

Formdruck

Wenn Sie die Druckplatte in eine bestimmte Form sägen, die nicht mehr rechtwinklig-viereckig ist, spricht man von einem Formdruck.

Rahmendruck

Mit einer zweiten Druckplatte oder auf der Platte können Sie einen mehrstufigen Rahmen ätzen. Wirkungsvoll ist er in Prägedruckmanier. Eine kleine Radierung können Sie so hervorheben:
Auch ein Prägedruck von einer zweiten Radierplatte kann einen reizvollen Rahmen um die Radierung geben:

Tiefätzen

  • Tiefenätzung, Reliefätzung (dt.)
  • morsura in profondia (ital.)
  • morsure en profondeur (frz.)
  • deep-etching, depth-etching (engl.)
  • Zware ersen (holl.)

Eine tiefgeätzte Radierplatte können Sie auf zwei Arten drucken:

  • als Reliefdruck
  • als Hochdruck

Dali druckte auf einigen seiner Radierungen Goldlinien im Hochdruck dazu, entweder von einer Holz- oder einer Reliefplatte.

Zutaten nach Hayter

  • 1 Teil Salpetersäure (konz.)
  • 2 Teile Wasser

Hinweise:

Decken Sie die Radierplatte partiell ab und ätzen flächig, ohne die Oberfläche mit Aquatinta oder anderer Struktur zu bearbeiten. Die offenen Stellen der Platte werden dann vertieft und im Druck je nach Tiefe grau, evtl. sogar weiß erscheinen, weil sie tiefer als der Rest der Oberfläche liegen und keine Farbe mehr an die Papieroberfläche abgeben. Um die Abdeckung herum entsteht beim Druck eine schwarze Umrahmungslinie.
Das Plattenoberflächen-Grau entsteht durch die Kristallstruktur bzw. die aufsteigenden Bläschen der Salpetersäure. Die Ätzzeiten für solche tiefgeätzten Platten liegen bei mehreren Stunden. Hayter gibt an, dass eine Radierplatte nach 9 Std. etwa die Hälfte der Dicke eingebüßt habe. Es entsteht der optische Eindruck, als ob der Teil, der innerhalb der Umrisslinie liegt, hinter dem normalen Druckbild läge. (Fenster-Effekt)

Tiefätzung mit Schablonen

Sie können auch mit Hilfe von Schablonen auf die Radierplatte Farbpartikel aufsprühen. Für die Tiefätzung benötigen Sie keine Aquatinta. Die Farbpartikel schützen die Platte und werden dabei evtl. unterätzt. Falls die Zwischenräume zu groß sind, können Sie diese Radierplatte auch als Hochdruck drucken.

Sehr breite Linien erhalten eine stärkere Schwärzung, wenn sie zusätzlich mit einem Aquatintakorn versehen sind. Die Farbe haftet dann besser.

Tiefätzung von geschabter Radierplatte

Wird eine mit Abdecklack abgedeckte Druckplatte mit einem Teppichmesser, Messer oder anderen flächigen Schabewerkzeugen geschabt und anschließend tiefgeätzt, ergeben sich interessante Drucke, falls die Radierplatte als Hochdruckstock gedruckt wird. In Tiefdrucktechnik ergeben die schwarzen Konturrelief-Linien der Platte interessante Effekte. Wurden zuvor Texturen in Weichgrund auf der Druckplatte geätzt, so bleiben diese sichtbar und haben Hayter zu Folge den Effekt „seen as if through running water“. Derselbe meint, diese Methode habe Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet, die zuvor nicht erwartet worden waren.

Tiefätzung mit Ameisensäure

Zutaten:

  • 50%-ige Ameisensäure
  • Eine Variante des Reliefdrucks ist die Tiefätzung mit 50%-iger Ameisensäure

Tiefätzung mit Eisessig

Zutaten :

  • 25%-iger Eisessig

Essigsäure ist billig in jedem Lebensmittelladen erhältlich. Beim Ätzen von Kupfer entsteht jedoch giftiger Grünspan. Für Zink erscheint mir die Ätzung damit vertretbar, wer es trotz meiner Warnung mit Kupfer probieren will, sollte vorher im Chemikalienverzeichnis nachschlagen, vielleicht lassen Sie es dann….



Anmerkungen:
Diese Onlineversion basiert auf dem ersten Buchmanuskript aus dem Jahr 1997. Die erste – bereits stark erweiterte und überarbeitete – Buchauflage erschien im Jahr 2004.
Aktuell ist das Buch in der nochmals korrigierten und erweiterten 7.Auflage vom Jahr 2020 erhältlich. Während die einzelnen Seiten dieses Webauftritts oft nur wenige, kurze Absätze enthalten, ist das Buch aktuell zweispaltig und mit minimalem Rand auf 232 DIN-A4-Seiten bedruckt, weil die zahlreichen Informationen nur noch so zwischen zwei Buchdeckel passen. Das Buch enthält nur wenige Illustrationen, dafür umso mehr „Input“. Als ergänzender ‚Bildspeicher‘ dient dieser Onlineauftritt.

Die Website besteht auch seit 2004 – sah früher allerdings so aus: ➥ www.ätzradierung.de ;-). Mit der gedruckten Auflage ist die Website nur in Ansätzen vergleichbar, sie enthält nur einen Teil der Informationen vom Buch und kann nicht korrigierte Fehler enthalten.

Informieren Sie sich vor der Anwendung der Rezepturen unbedingt auch aus anderen Quellen! Beachten Sie das Kapitel ➥ Vorsicht Chemie!

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