Vernis Mou

Die Weichgrund-Ätzung

Eine Weichgrundätzung ( Vernis mou ) kann mit oder ohne Aquatinta hergestellt werden – es kommt auf die Linienstärke an. Die Linie auf der Druckplatte muss noch Farbe aufnehmen können und darf daher nicht zu breit sein. Ich empfehle die Kombination mit Aquatinta.

Weitere Benennungen

„Durchdruckverfahren“, „Durchdrückgrund“ (dt.), „Gravure au vernis mou“ (frz.), „Soft ground etching“ (engl.), „vernice molle“ (ital.), „Dorrdrukmanier“ (holl.)

Vernis mou - Pierre-Auguste Renoir - The Dance in the Country
Pierre-Auguste Renoir (1841–1919): Tanz auf dem Land, circa 1890, Vernis mou Quelle: commons.wikimedia.org

 

Prinzip

Weichgrund ist in Hütchenform im Kunstfachhandel erhältlich. Die Platte muss vorher nicht entfettet werden, weil der Weichgrund ja Fett enthält. Krejca gibt den Tipp, die Platte zur Vorbereitung leicht zu erhitzen und mit einem Lappen mit Talg oder Vaseline leicht einzureiben. Wenn die Platte erkaltet ist, solle man das Fett abwischen. Der Vernis mou bleibt längere Zeit geschmeidig, wenn Sie die Platte auf diese Weise vor dem Weichgrundauftrag einfetten Es bleibt dann ein hauchdünner Fettfilm auf der Platte zurück. Diese Vorbereitung ist sinnvoll für Arbeiten, die Sie über einen längeren Zeitraum bearbeiten wollen.

Arbeitsablauf

Zum Weichgrundauftrag erhitzen Sie die Platte. Da der Schmelzpunkt von Weichgrund niedriger ist als beim Hartgrund, nehmen Sie die Platte von der Heizplatte und walzen daneben fertig ein, falls Sie Weichgrund aus Hütchen verwenden.. Den Weichgrund drücken Sie dazu auf die heiße Platte, walzen ihn mit einer Lederwalze gleichmäßig dünn auf die Platte auf und verteilen ihn. Der Weichgrund sollte eine leicht bräunliche Färbung haben. Eine gelbliche Schicht ist zu dünn und wird durchgeätzt. Rhein empfiehlt, die Platte vorher hauchdünn mit Rinder- oder Hammeltalg einzustreichen. Weichgrund erlaubt beim Kratzen mit der Nadel sehr enge Schraffuren und Strichlagen und reißt nicht aus. Er setzt der Nadel kaum Widerstand entgegen. Damit wird eine sehr freie Strichführung möglich. Für selbst hergestellten Vernis mou noch ein Tipp: Das Aufbewahren der Paste in einer Porzellandose oder einem Glasgefäß gibt Ihnen folgende Möglichkeit: Sie erwärmen die gesamte Paste mit der Dose im Wasserbad und tragen die warme Paste mit einem Borstenpinsel oder einer Walze auf die erwärmte Platte auf. Mit Weichgrund geätzte Platten können mit einer viel höheren Auflage gedruckt werden als Strichätzungen, weil sie mikroskopisch kleine Plattenvertiefungen haben, die sich nicht so schnell abnutzen.

Rezept 1

  • Zutaten: flüssiger Ätzgrund Talgfett

Weichgrund lässt sich selbst herstellen, indem man flüssigen Normalätzgrund mit Margarine mischt. Manche Radierer schwören auf Hammel-oder Pferdetalg. Die Konsistenz des Ätzgrundes lässt sich dabei bis zum Vernis-mou ausdehnen.

Rezept 2

  • Zutaten: 2 Teile fester Ätzgrund 1 Teil Talgfett

Sie erwärmen festen Normalätzgrund (Hütchen) im Wasserbad und mischen mit Margarine oder Talg. Lederfett ist reines Talgfett. Sie erhalten es in Schuhgeschäften.

Rezept nach L.Bergmann

  • Zutaten: 3 Teile Wachs 2 Teile pulverisierter Asphalt 1 Teil Talg Terpentinöl
Max Liebermann Auf der Weide - Ätzen mit Weichgrund  / Vernis mou
Max Liebermann: Auf der Weide, 1891, Kaltnadel, Strichätzung und Vernis mou Quelle: commons.wikimedia.org

Schmelzen Sie das Wachs mit dem pulverisierten Asphalt zusammen, geben unter ständigem Rühren den Talg dazu. Kochen Sie alles 5 Minuten und lassen es abkühlen und geben dann soviel Terpentinöl hinzu, bis die Masse zäh wird.

Rezept nach Preissig

  • Zutaten: 1 Teil organisches Fett (im Sommer mehr, im Winter weniger) 2 Teile geschmolzenen, festen Asphalt oder einen aus durchsichtiger Substanz bestehenden Ätzgrund

Weitere Rezepturen

… im Buch

Tipps v. Preissig

a) Vor dem Auftrag mit einer Walze oder einem Tampon sollten Sie die Platte leicht einfetten, weil der Vernis mou dann besser und gleichmäßiger haftet. b) Verwenden Sie den benutzten Tampon bzw. die Walze nicht mehr für anderen Abdecklack, da sich dieser dann mehr auf der Walze als auf der Platte festsetzt.

Härtbarer Weichgrund

  • Zutaten: fester Ätzgrund ätherisches Lavendelöl

Sie erwärmen festen Ätzgrund und mischen ihn mit ätherischem Lavendelöl. Es ergibt sich eine dickflüssige Paste, die Sie mit einer Leder- oder Gelatinewalze auf der Platte verteilen. (Platte vorher einfetten, s.o.) Vorteil dieses Abdecklackes: Nach der Zeichnung kann er durch vorsichtiges Erwärmen gehärtet werden, weil das Lavendelöl beim Erwärmen verdunstet. Damit ist der Lack nicht mehr so empfindlich gegen unbeabsichtigte Verletzung.

Buchdruckfarbe

  • Zutaten: Buchdruckfarbe

Strenge (zähe) Buchdruckfarbe, auch Federfarbe genannt, ist fetthaltig und eignet sich sehr gut als Vernis-mou-Ersatz. Sie walzen die Platte mit Farbe ein und polieren die Zeichnung mit einem weichen Holz, einer Radiernadel oder sonstigem Werkzeug in die Platte.

Langlauf-Skiwachs (Sprühwachs)

Erhalten Sie in Sprühdosen in Sportfachgeschäften. Es ist wasser- und säurefest und lässt sich leichter beschaffen und verarbeiten als herkömmlicher Vernis Mou. Auch Schuhwachs gibt es als Bienenwachsspray in Pumpspraydosen. Die Platte muss nicht mehr erwärmt werden, aufsprühen genügt.

Wolfgang Autenrieth + Emil: Vernis-Mou - Radierung 1982
Hommage an Beuys – Coproduktion mit Emil Hase: Vernis-Mou-Radierung, 1982, © Grafik: Wolfgang Autenrieth, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Die Druckplatte für diese „Hommage“ wurde von mir vorbereitet. Die künstlerische Ausgestaltung erfolgte danach durch Emil, der mehrfach über die Druckplatte hoppelte und mit Fell und Krallen seine Spuren in der Oberfläche hinterließ.  Ätzen und Drucken waren wiederum mein Part. Emil Hase war zur Zeit meines Kunststudiums der „Deutsche Widder“, der stubenrein meine Studentenbude mit mir teilte und dem ich die Kunst erklärte. Statt konventionellem Vernis mou verwendeten wir Spray-Skiwachs als Ätzgrund. R.I.P. (Beuys + Emil)

Bildbeispiele

Vernis Mou auf Zeno.org Vernis Mou auf Commons.wikimedia.org Weichgrundätzung auf Zeno.org Weichgrundätzung auf commons.wikimedia.org ‚Soft-ground etching‘ auf commons.wikimedia.org